„Ich hab Sie gesehen. Zusammen.“
„Soll ich kommen?“ 

„Nein, ist schon in Ordnung. Interessiert mich eigentlich nicht.“
„Sicher, Lotte?“
„Natürlich nicht. Mach die Tür auf, ich steh davor.“

3 Stunden und 2 x 500 ml Ben & Jerrys à 8946 kcal je Becher später. Wir haben darüber geredet, ein bisschen geweint, absurde Rückeroberungspläne und genauso absurde Rachephantasien durchgesponnen. Wir sitzen auf dem Balkon, rauchen Kette und stieren in unseren Rotwein.
Sie unterbricht als erstes die Stille.
„Weißt du, ich wollt ihn doch gar nicht wieder. War froh ihn los zu haben. Du hättest ihn mir nackig auf den Bauch binden können. Mich hat das ja sonst auch nicht so aus der Bahn geworfen, ihn zu sehen.“
„Aber?“
Sie zieht an ihrer Zigarette. „Jetzt hab ich sie zusammen gesehen. Das wendet das Blatt. Das ändert alles. Jetzt bin ich mir unsicher, nicht doch den falschen Weg eingeschlagen zu haben. Wir hätten vielleicht noch eine Chance verdient.“

Natürlich weiß ich was Sache ist. Natürlich weiß Lotte das auch. Und natürlich halten wir beide die Klappe.
Mit 14 Jahren, viel zu beschäftigt damit, Feuerzeugkapseln in meine Eastpack Träger zu klemmen, mich heimlich mit schwarzen Kajal zu schminken und die Jungs aus der neunten Klasse anzuhimmeln, war ich viel zu alt um noch mit Barbies zu spielen. Ich hatte mein Barbiehaus schon ein paar Jahre lang mit’m Arsch nicht mehr angesehen, aus meinem Zimmer verbannt und fast vergessen. Meine Mami, bedacht darauf im Keller etwas Platz zu ergattern, gab es an Bekannte weiter.
Ich heulte wie ein Schlosshund.
Natürlich, ich brauchte es nicht mehr. Aber ich böses Einzelkind war egozentrisch genug es auch niemand anders zu gönnen. Genauso ist es doch bei Lotte.

Haben wir uns denn gar nicht weiterentwickelt?
Die Beine sind länger geworden, die Haare strohiger und unsere Beziehungen komplizierter.
Aber sind wir im Herzen immer noch die kleinen, grantigen, nölenden Kinder?
Bestechlich durch Süßigkeiten, leicht zu begeistern für Humbuk und erst für’s Bett bereit wenn es von Mami ein Bussi auf die Stirn gibt?

Das weiß ich nicht. Vielleicht sind wir auch einfach nicht konsequent genug, dass kann man als Charakterschwäche abtun, man kann es ändern.
Oder man geht zu seiner Freundin, redet und weint darüber, trocknet die Tränen und wird erwachsen. Für den Moment zumindest.

Ich gehe zu meiner Flohmarktkiste. Endlich will ich den ganzen Plunder loswerden.
Die kitschigen Orange – Rotel Blockheels, die gemusterten Shorts.
Doch, jemand anders darf sich damit vergnügen. Ich fang klein an, aber ich fang an.
Vorher zieh ich aber beides nochmal an.

Jeansjacke uralt, von Wrangler und aus zweiter Hand, Shorts von marimekko for h&m und Schuhe von marco tozzi