38 meiner engsten & bestimmt auch nicht wichtigsten Facebook Freunde teilten innerhalb der letzten Woche immer das gleiche Video. 38-mal reimte mir eine hübsche, blonde Psychologie Studentin etwas von eigener Bequemlichkeit, ja fast schon Faulheit, verpassten Chancen und dem spät – aber dennoch unweigerlich – aufkommenden Reuegefühl vor.
Sicherlich, neu war das ganze nicht mehr. Wurde es zum einen von einem bekannten Chartbreaker ja mehr oder weniger aufgegriffen, zum anderen von Clueso und dem Herrn Poisel irgendwie schon mal besungen. Und vielleicht war es auch nur weil es diesmal eine sympathische Pferdeschwanzträgerin mit Jeansjacke mir vor Augen führte.
Aber 38-mal überdachte ich mal wieder mein Leben.
Muss ich mich schuldig fühlen, weil ich einen Freitagabend in meinen ausgebeulten, kuscheligen und dennoch total hässlichen Jogginghosen den Vorzug gebe?
Weil ich eben nicht mehr- wie noch vor 6 Jahren von Donnerstag bis Sonntagfrüh in den hippen Clubs umherstolpere? Und auch nicht mehr 8 Gin Tonic zum vorglühen trinken kann, weil ich nach 4 schon unterm Tisch liege?
Weil ich unter Garantie mit einem entsetzten „Nein“ antworten würde, wenn Lotte mich nun anrufen und mich für einer Woche Last Minute Urlaub ab morgen begeistern wollen würde?
War ich mit 18 noch mehr dichter als Denker, bläut mir die schreckliche 25 so allmählich langsam Vernunft ein und lässt meine Mami daheim wieder etwas beruhigter schlafen.
Das heißt ja nicht dass ich dem Abenteuer nur gänzlich abgeneigt bin. Aber ich denke eben jetzt, mit Mitte 20, schon zumindest mal an den nächsten Tag.
Und weiß eben, dass ich am nächsten morgen besser und ohne übermäßigen Aspirin Konsum überlebe wenn ich abends Bachelor gucke und nicht mit Studenten Tequila trinke.Warum Pizza Veneziano bestellen, wenn ich doch weiß dass mir die Salami eh viel besser schmeckt?
Trotzdem habe ich einen Klos im Hals wenn ich den Thees Uhlmann lausche, wenn ich von Fabian Sixtus Körner’s Walz lese oder wenn mir der blonde Pferdeschwanz eben was vorrappt. Verdammt, da gibt es doch so viel was man verpasst, oder?
Doch muss man erst pleite, im Ausland und mit Malaria infiziert sitzen um sich als „Abenteurer“ und „Lebemann“ schimpfen zu dürfen? Muss man den immer die ausgefallen Geschichten erzählen um Bewunderung zu ernten? Ist man im Alter nur glücklich wenn man den Bausparer versoffen hat?

Natürlich kann man Max Frisch lesen und sich selbst einen Denkanstoß geben. Sein Leben deswegen aber umzukrempeln ist aber – für den Anfang zumindest – ein bisschen viel verlangt. Schließlich haben wir alle auch nicht die Ausbildung geschmissen und sind ins horizontale Dienstleistungsgewerbe gewechselt weil wir uns von Britney’s „I’m a slave for you“ so unglaublich inspiriert fühlten.
Ich für meinen Teil klicke das Video nun weg, drehe den Herrn Uhlmann aus, schlucke den Klos herunter und eile nun in die Pizzeria um’s Eck. Auch wenn es nur Salami Pizza gibt, teile ich Sie heute mit Lotte und Martha und spüle sie mit dem besonders billigen Fuselwein runter.
Und auch das ist ja irgendwie Abenteuer.