Der Hauptstadt sagt man ja vieles nach. Dass jeder dort seinen Platz findet, zum Beispiel.
Die Schwaben, die Verschobenen, die Intellektuellen und sogar die Jogginghosenträger.
Klar, dass ich im letzten Flieger, von Düsseldorf nach Tegel, trotzdem so deplaziert daher komme wie Cindy von Marzahn auf der Fashion Week.
Während die Anzugträger um mich herum in ihre Financial Time vertieft sind, blätter ich mich durch das Brigitte Dossier.
Auch auf dem Gepäckband fällt mein neonfarbener Trolley unschön auf.
Weniger beirren lasse ich mich da von meinem Onkel, ein kluger Mann eigentlich, der mich vom Flughafen abholt und meinen perfekt durchdachten und abgestimmten Phillip Lim Jeans- All Over Look geringschätzig begutachtet.
Ich mein, nichts für ungut, aber der Mann trägt Sandalen im Sommer.
Das ist kein Kritiker für mich – das ist Kritik an die Mode!

Und trotzdem, so ein bisschen deplaziert fühle ich mich tatsächlich diesmal in Berlin.
Zum einen, weil ich nach all den Jahren immer noch nichts den Jutebeuteln abgewinnen kann.
Zum großen anderen aber weil ich dieses mal in Berlin eine Mission habe:
Ein schlechtes Urteilsvermögen und naive Gutgläubigkeit haben meine Tante und meinen Onkel annehmen lassen mir ihr allerheiligsten anvertrauen zu können: Ihre wunderschöne Altbauwohnung.
Ach ja, und ihre Kinder.

Und so wurde aus Karla-ein-Gin-Tonic-geht-noch Gsell eben die Supernanny.
Das ist im wesentlichen nicht unspaßiger, vielleicht aber etwas gefährlicher.