Vielleicht ist es euch noch gar nicht aufgefallen – aber ich bin wieder blonder geworden.
Um ehrlich zu sein war das gar nicht nötig.
Ich stell mich in letzter Zeit auch so schon dämlich genug an.

Am Wochenende erst.
So ein  fancy Freitagabend einer Mittzwanzigerin. Den Clubs hab ich ja schon vor geraumer Zeit abgeschworen – spätestens dann aber als sich die ganzen funky Remixes und Beats nicht mehr von dem Geräusch einer kaputten Waschmaschine unterscheiden ließen.
Ich stiefelte also, in alter Frankfurter IT Girl Manier- mit fettigem Haar, ohne BH, in Schlafanzugshose & Wollmantel nicht aber ohne meinen Kitten Heel Stiefelchen mit Nietenbesatz, zum Rewe meines Vertrauens um die Ecke.
Ein Freitagabend bei Rewe erinnert übrigens stark an Berlin ’45: Schlachtfeld.
Während sich die jugendlichen Assozialen um Hochprozentiges herumschleichen, diskutieren diese modernen, ernährungsbewussten Familien die irgendetwas mit Marketing studiert haben über die Menügestaltung am Wochenende.

Generell betrachtet finde ich ja das Einkäufe viel über einen Menschen, besonders aber über einen Mann aussagen. Zeig mir dein Körbchen und ich sag dir wer du bist.
Ich würde sogar soweit gehen und behaupten dass ich aus Supermarktwaren mehr charakterliche Eigenschaften und Eigenarten  als aus einem minutiös aufgestellten Horoskop rauslesen kann.
Denn Einkäufe sind, im Gegensatz zu den meisten Männern, wenigstens ehrlich.
Die Familienpackung Miracoli zusammen mit dem Kuschelweich Weichspüler, zum Beispiel, lassen sich auf einen ausgeprägten Mutterkomplez zurückführen
Gemüse in Kombination mit einem laktosefreien Aufstrich und einem Biorotwein sprechen für die Freundin die beim einschlafen immer kalte Füße hat und schon in der gemeinsamen  65qm² großen Mietwohnung wartet. Billige Eier aus Bodenhaltung verraten dass der Käufer selbst zur Gruppe „kleine Eier“ gehört und die Yogurette im Männer Einkaufskorb gibt uns zu verstehen: Finger weg.

Um aus meinen Einkaufskorb keinen ehrlichen zu machen (zwei Flaschen grüner Veltliner und die neue Ausgabe der InStyle) griff ich zu sogenannten lebensaufwertenden Alibi – Lebensmitteln.
Fläschchen Smoothie, ein Bund Blümchen, Coccktailtomaten, der Winterzauber Tee und ein Eiweißbrot. Nicht dass ich irgendetwas davon brauchte. Oder gar konsumieren wollte. Es macht sich nur einfach an der Kasse gut.
Gerade als ich meine Lebensmittel auf Band legte, überlegte ob ich es noch wagen könnte ein Snickers dazuzupacken und die Kasssiererin die Waren einscannt merkte ich es.
Zwar hatte ich in alter weltrettermanie und voller umweltbewusstsein meinen Jutebeutel eingepackt – nicht aber meinen Geldbeutel. Der lag auf meriner beschissen ehrlichen Malmkommode in meiner Wohnung.
An dieser Stelle möchte ich auch gern noch mal auf mein Erscheinungsbild aufmerksam machen. Ich stand da also, führte die gefühlt kilometerlange Schlange an der Kasse an. Mit fettigem Haar, ungeschminkt und ohne BH und in Schlafanzugshose und konnte nicht bezahlen.
Der Blick der Kassiererin ließ mich erschaudern. Mit ähnlicher Verachtung hat damals nur Sylvie auf Sabia Boulahrouz herabgeblickt. Und ich spürte die Verachtung der Marketingfamilien und Komasäufer im Nacken. Fast lief ich Gefahr mit Biowaren und Red Bull Döschen beworfen zu werden. Es war nicht nur erniedrigend. Es war erbärmlich und vorallem unnötig und bescheuert meiner seits.
Mit meinem letzten bisschen Restwürde und einer gehörigen Portion Mut sagte ich also mit stolzer und fester Stimme: „Ich bin mir nicht sicher ob Sie Provision bekommen. Trotzdem, Ein blöder Fehler. In diesem Laden kaufe ich nicht!“  und verließ gehobenen Hauptes und mit soviel Achtung es mir unter gegebenen Umständen eben noch möglich war den Supermarkt.
Ich wollte das schon immer sagen. Genau wie Julia Roberts eben. Ich bin mir nicht sicher ob es bei mir die selbe Botschaft hatte.
Jedenfalls muss ich mir nun einen neuen Stammsupermarkt suchen.

 MEIN LOOK:
Jacke: Pull & Bear
Jeans: Zara
Schuhe: Buffalo 
Schwarzes langes Ding aus Chiffon: Der Italiener, lokales Geschäft in Nürnberg
grauer Schal: Anokhi