Als ich die Augen aufschlage, dreht es mich erstmal.
Das Jahr fängt trotz hoher Erwartungshaltung genauso wie die letzten Jahre an:
mit Kopfschmerzen und dem akuten Drang meinen Schädel in die Kloschüssel zu halten.

Angesicht dessen, dass Silvester jedoch zwischen Lockdown und Lagerkoller verbracht wurde, ist das ja einfach nicht gerechtfertigt.
Sonst zwängte ich mich in ein Pailettenkleid, überschüttete Freunde mit Liebeserklärungen und mich mit Prosecco und paffte Kette um, zumindest mit Rauchschwaden, meinen Beitrag zum Feuerwerk zu leisten.
Der Rausch war hart erarbeitet, der Kater verdient.

Dieses Jahr gab es Rummikub statt Rumcocktails und ich erachtete es noch nicht mal als notwendig mir ’nen BH umzuschnallen –

Chapeau 2021!

Und so verwundert es auch nicht, dass ich nach einem Jahr, gebeutelt von Abstandsregelung und Hygienemaßnahmen, den Kopf genauso hängen lasse wie meine Brüste und mir erst gar keine großen Vorsätze mache.

Außer eben einen: doch mal wieder mit dem Schreiben anzufangen. 

Da ich mittlerweile um die Augen permanent so verknittert bin, als wäre ich eben aufgestanden und hätte noch ein paar Kopfkissenabdrücke im Gesicht, fällt narzisstisches Fashion Bloggen weg. Ich sähe einfach nur aus wie Uschi Glas in der Bunten und das braucht nun wirklich keiner mehr.
Gegen Festivalberichte ist prinzipiell nichts einzuwenden, hat sich aber auf Grund von Versammlungsverbot jetzt auch nur so semi-offiziell ergeben.
Ebenso ist fraglich ob Bandscheibe und Leber dieses exzessive und versoffene Campen überhaupt nochmal mitmachen.
Denn ich bin jetzt, das muss man sich mal geben, in der Zwischenzeit tatsächlich 30 geworden.
Das ist das Alter in dem man langsam aber sicher schief angeguckt wird, wenn man sich im Glitzerfummel auf einer Party sehen lässt und der Sexappeal von Halterlosen rapide abnimmt, weil jeder denkt, es sind Stützstrümpfe, die du da trägst.

Also schreibe ich jetzt über profanere Dinge. Dinge, die eben gerade so passieren.
Das ist jetzt nicht wahnsinnig bahnbrechend, erfordert aber auch nur ein Mü an Kreativität und hält die Erwartungshaltung gering. Ein Grundprinzip welches sich schon bei Männern bewährt hat.

Und ebenso unprätentiös verlief sich dann auch die erste Woche des Januars.
Ich kratzte überteuerten Analog Käse aus meinen Raclettepfännchen und erlaubte es mir mich von jeglichen sozialen Erwartungshaltungen zu befreien und gar nicht erst auf die ganzen „Happy, happy, toll-toll-toll, alles wird wieder gut in 2021“ Nachrichten zu reagieren. Was hätte ich auch antworten sollen?
HALT DIE FRESSE, SOLANGE WIR NOCH NICHT GEIMPFT SIND?
Stattdessen überlegte ich fieberhaft was ich nun mit den ganzen Essensresten machen sollte, legte mich in die Badewanne und hörte mir das Live Album von Coldplay in Buenos Aires an.
Aus Mangel an Konzerten und großer Sehnsucht nach Live Musik habe ich mir das kürzlich angewöhnt: Doch mal Live Alben hören. Und das kann man eben ganz fabelhaft in der Badewanne tun.

Nachdem die Stadtmission mit den übriggebliebenen Gewürzgürkchen, Dosenmais und Käsescheiben so gar nichts anfangen konnte, kam Clarissa am Samstag vorbei und wir schmissen nochmal das Raclette an. Fast war ich froh, dass wir gar nicht erst in Verlegenheit kamen uns zu überlegen, ob wir jetzt nochmal durch ein paar Bars oder Clubs ziehen müssen. Ich hätte nach der Resteverwertung auch einfach nicht mehr die Hose zubekommen.
Und so erfreute ich mich doch an der Ausgangssperre und wir holten die Brettspiele raus.
Wäre es nicht so spät gewesen und hätte ich Clarissa beim Verabschieden noch ein kleines Plastikbeutelchen mit Süßigkeiten zugesteckt, die Veranstaltung wär locker als Kindergeburtstag durchgegangen. Dagegen habe ich ja auch gar nichts.
Es ist nur offensichtlich, dass ich echt nie wieder in der Lage sein werde länger als 22 Uhr wach zu bleiben.

Den gesamten Sonntag verbrachte ich dann, weil eben Sonntag war und mir nach all diesen freien Tagen schon fast langweilig wurde, mit der sehr zeitintensven Aufgabe der Selbstoptimierung, die an einem Sonntag eben beim Zahnzwischenraum reinigen beginnt und neben Beine rasieren, für den ganz exzessiven Kick auch noch eine Gesichtsmaske bereithält.
Und während ich mit meiner Aesop Chamomile Concentrate Anti-Blemish Masque, die so teuer ist, dass man sich gar nicht traut den Schlamm vom Gesicht zu waschen, so auf meiner Samtcouch rumlag überlegte ich mir gleich noch weitere Vorsätze für das Jahr, die ich im folgenden gleich auflisten werde um a.) mich nicht wieder selbst zu bescheißen und b.) es dem ein oder anderen erlaube die Vorsätze abzuschreiben/ modifizieren, um als seine eigenen ausgeben zu können

Großartige Dinge, die man sich für ein großartiges 2021 vornehmen kann:

  • die eingestaubten Französischkenntnisse ein bisschen aufpolieren.
    Um fehlerfrei und ohne böse Überraschungen, einen Abend in der Brasserie le Paris am Ku’damm gebührend & authentisch zu zelebrieren
  • mehr Briefe schreiben. Mit Herzblut, mit Tinte, mit getrockneten Blumen
  • Bücher nur noch lokal oder Second Hand kaufen und anschließend weiterverschenken
  • öfter tanzen. Auf Live Konzerten. Im Wohnzimmer. Unterm Sternenhimmel. Aus der Reihe
  • Omi, Oma & Opa einmal die Woche anrufen und sagen, dass ich sie lieb habe
  • mehr fragen. Mehr zuhören
  • sich, seine Brüste und die eigenen Vorsätze nicht so hängen lassen
Ich denke das ist ein guter Start für 2021.