Mein Leben in Frankfurt hat einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Ich bin nun einer MOF (Menschen ohne Freunde) Gruppierung beigetreten. Natürlich haben sich die Organisatoren einen anderen, fancy Namen für das Spektakel ausgedacht.
Macht es an sich aber auch nicht besser.
Man darf sich das vorstellen wie eine Ü30 Party in einer Großraumdisco.
Lauter verzweifelte, frustrierte Menschen wie ich.
Resteficken im übertragenen Sinne.
Ich gehe mal so weit und traue mich zu behaupten dass das schon Gründe hat warum hier niemand mit einem Freundschaftsbändchen am Handgelenk steht.
Wir sind die die beim Völkerball niemand in seine Mannschaft wählen wollte.
Der traurige Rest der Fachpersonal an Kundenhotlines zutextet nur um mal wieder ein bisschen socializen zu können.
Mal abgesehen davon, dass das schon erbärmlich genug ist, werden wir weiter erniedrigt. Wir müssen uns ein Namensschild auf die Brust kleben und zwei famos ausgefallene Eigenarten von uns überlegen und auf Zettel schreiben.
Nach langem hin und her entscheide ich mich, nicht ohne stolz, „trinkt mehr Bier als Wasser – auch tagsüber“ und „kann alle Artikelnummer der Balmain for H&M Kollektion aufsagen“.
Wer mich kennt weiß: das beschreibt mich schon ganz gut.
Blöderweise stellt sich heraus dass ich – wie schon in der dritten Klasse bei den Mathetext Aufgaben – die Aufgabenstellung wohl anders ausgelegt habe. Oder einfach einen verschobene Definition von „Einzigartigkeiten“ habe.

Das schlimmste ist dass nach und nach alle Zettelchen vorgelesen werden – laut. Vor der ganzen Gruppe.
Wir müssen dann raten wer so geil einzigartig ist.
Super.
Die Leute um mich herum fiebern mit der selben Begeisterung mit, wie sie ihre Club Mate schlürfen und im Takt von der Indiescheiße aus den Boxen wippen.
Ich schiele heimlich auf mein Handy um mich per Google Maps zu vergewissern dass ich mich tatsächlich noch in Frankfurt aufhalte – und nicht in Kreuzberg.
Als Nikolaus – der auch darauf besteht das man ihn Nikolaus nennt – zugeornet wird dass sein Vorbild Max Frisch ist und er mehr Menschen für den Veganismus, durch öffentlich inszinierte Theaterstücke, gewinnen möchte entscheide ich dass ich ihn nicht für voll nehmen muss.
In Wahrheit bin ich ein bisschen geflasht von seinem Zöpfchen. Ich mein, in Zeiten in denen es der Männerschaft erlaubt ist schönere Duttfrisuren zu tragen als wir sie uns hinfrisieren können frag ich mich manchmal was Männer uns noch alles wegnehmen dürfen. Ist unser baldiges Alleinstellungsmerkmal bald wirklich nur noch unsere Monatsblutung?

Gerade als ich mit einen Gin Tonic ordern will und mich der Barkeeper allen Ernstes fragt was in diesen Cocktail reinkommt, wird meine Affinität zu Bier und Klamotten kundgetan.
Da ich in meinem Pailettenkleidchen und ohne Jutebeutel an der Bar stehe und den Barkeeper als „eine erbärmliche Schande seiner Zunft“ beschimpfe ist man sich recht schnell einig dass es sich um mich handeln muss.
Unnötig zu erwähnen dass ich an diesem Abend nur wenig neue Kontakte knüpfte.

MEIN LOOK:
Schuhe: Asos
Latzhose: H&M
Pullover: Maison Scotch
Poncho: von Mami letztes Jahr zum Geburtstag bekommen